Inhalte
- Historischer Hintergrund der Bundeswehrpräsenz in Lüneburg und Umgebung
- Aktuelle Präsenz und Infrastruktur
- Direkte wirtschaftliche Effekte für Lüneburg und Umgebung
- Indirekte wirtschaftliche Effekte und Multiplikatoren
- Soziale und räumliche Folgen
- Risiken und Folgen von Standortveränderungen
- Chancen durch Umnutzung und zivil-militärische Kooperationen
- Handlungsempfehlungen für Kommunalpolitik und Wirtschaftsakteure
- Datenbasis, Methodik und weiterführende Analysen
- Fazit
Historischer Hintergrund der Bundeswehrpräsenz in Lüneburg und Umgebung
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Region um Lüneburg – wie große Teile Nordwestdeutschlands – zunächst von alliierten Streitkräften geprägt. Britische Besatzungseinheiten nutzten bestehende Kasernen und Übungsflächen der früheren Wehrmacht und etablierten in Teilen der Lüneburger Heide eine militärische Präsenz, die in der Nachkriegsordnung zunächst dominant blieb. Mit der Gründung der Bundeswehr 1955 begann ein schrittweiser Übergang: Teile der Infrastruktur wurden von der neuen deutschen Streitkraft übernommen, neue Standorte errichtet und die Region systematisch in die Verteidigungsstruktur der Bundesrepublik eingegliedert.
Während des Kalten Krieges wuchs die Bedeutung der Standorte in und um Lüneburg. Die Nähe zur innerdeutschen Grenze und die strategische Lage in Norddeutschland führten zu einer Verstärkung von Garnisonen, Logistikeinrichtungen und Übungsplätzen. Die Lüneburger Heide und umliegende Truppenübungsplätze wurden intensiver für Ausbildung und Manöver genutzt. In dieser Phase prägte die Bundeswehr das lokale Arbeits- und Wirtschaftsleben: Kasernen boten dauerhafte Beschäftigung, Zulieferbetriebe und Handwerksfirmen profitierten von Bau- und Instandhaltungsaufträgen, und militärische Traditionen wurden in der Region institutionalisiert.
Nach dem Ende des Kalten Krieges und besonders nach der deutschen Wiedervereinigung setzte in den 1990er Jahren eine Phase der Konsolidierung und Reduzierung staatlicher Militärstrukturen ein. Viele Einheiten wurden umstrukturiert, zusammengelegt oder verlegt; einige Standorte wurden ganz aufgegeben. Die Bundeswehr selbst veränderte ihren Auftrag: weg von territorialer Verteidigung, hin zu Auslandseinsätzen und internationalen Verpflichtungen, was andere Anforderungen an Infrastruktur und Personal mit sich brachte. Wesentliche Einschnitte folgten zudem mit den groß angelegten Reformen und der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht 2011, die die Präsenzdichte und die Struktur der Standorte weiter beeinflussten.
Trotz dieser Reduktionen blieb die Bundeswehr als Arbeitgeber und gesellschaftlicher Akteur in Lüneburg relevant. Lange gewachsene Garnisonstraditionen, zivile Arbeitsplätze in Verbindung mit militärischen Einrichtungen sowie die Nutzung regionaler Übungsgelände haben die lokale Geschichte und Identität mitgeprägt. Gleichzeitig führten Standortveränderungen in den letzten Jahrzehnten zu wiederkehrenden Debatten über Nachnutzungen, wirtschaftliche Folgen und räumliche Planungen, die die Grundlage für die heutige Auseinandersetzung um die Rolle der Bundeswehr in der Region bilden.
Aktuelle Präsenz und Infrastruktur
Die aktuelle Präsenz der Bundeswehr in Lüneburg und der näheren Umgebung gliedert sich in mehrere Standorttypen, die unterschiedliche wirtschaftliche und räumliche Auswirkungen haben. Zum einen gibt es die klassischen Kasernen- und Pflanzstandorte mit Unterkunfts-, Verwaltungs- und Werkstatträumen; zum anderen bestehen Büro- und Logistikstandorte, Lagersysteme sowie kleinere Stellplätze für Fahrzeuge und Material. Ergänzt werden diese festen Standorte durch regionale Übungs- und Schießplätze in der Heide und durch temporäre Übungsflächen, auf denen Manöver, Schießübungen und Fahrtrainings stattfinden. Darüber hinaus sind in der Nähe technische Prüfstellen, Instandhaltungsbetriebe und gegebenenfalls Ausbildungszentren vorhanden, die sich funktional von reinen Wohnkasernen unterscheiden.
Die Infrastruktur rund um diese Standorte ist sowohl militärisch als auch zivil von Bedeutung. Typische Investitionsfelder umfassen Straßenanbindungen und Zufahrten zu Kasernen sowie gelegentlich Gleisanschlüsse oder Verladeeinrichtungen für Materialtransporte. Für die Energieversorgung entstehen punktuelle Bedarfe an leistungsfähigen Leitungen, teilweise an Sektorkopplungslösungen (z. B. Notstrom, Heizungsanlagen), und die Kommunikation erfordert gesicherte Netze mit hoher Verfügbarkeit. In einigen Fällen wurden in den letzten Jahren Modernisierungen durchgeführt, etwa energetische Sanierungen von Bestandsgebäuden, Ausbau von Breitbandverbindungen oder Verbesserungen der Entwässerungs- und Abfallinfrastruktur. Solche Maßnahmen erfolgen oft in Kooperation mit Kommunen oder im Rahmen zentraler Bundeswehrprogramme zur Standortmodernisierung.
Zur Größe und Struktur der zivilen Präsenz zählen neben den dienstlich eingesetzten Soldaten auch eine Vielzahl ziviler Beschäftigter und zahlreiche Angehörige, die lokale Nachfrage erzeugen. Zivilbeschäftigte übernehmen Verwaltungstätigkeiten, technische Wartung, Logistik und medizinische Dienste; daneben ist ein erheblicher Anteil an Leistungen outgesourct an lokale bzw. regionale Unternehmen (Catering, Gebäudereinigung, Handwerksleistungen, Transport). Die genaue Größenordnung schwankt je nach Standort: in manchen Gemeinden sind es nur einige Dutzend Zivilbeschäftigte, in anderen mehrere hundert Personen. Hinzu kommen Familienangehörige, die über Wohnraumnachfrage, Kinderbetreuung und Konsumverhalten zum ökonomischen Wirkungskreis beitragen.
Zeitliche Schwankungen prägen den Alltag an militärischen Standorten: Übungs- und Ausbildungszyklen führen zu Spitzenbelastungen (verstärkte Nachfrage nach Unterkünften, Verpflegung, Transportleistungen) während Manövern oder NATO-Übungen, während im normalen Dauerbetrieb die Versorgung stabiler und planbarer ist. Saisonale Muster (bessere Übungslagen im Sommer), kurzfristige Großübungen sowie bundesweite Umstrukturierungen können kurzfristig Verkehrsaufkommen, Lärm- und Umweltbelastungen sowie lokale Geschäftszuflüsse deutlich verändern. Für Kommunen und Unternehmen ist deshalb wichtig, planbare Kommunikationsstrukturen mit der Bundeswehr zu haben, um Kapazitäten flexibel an Lastspitzen anzupassen.
Direkte wirtschaftliche Effekte für Lüneburg und Umgebung
Die Präsenz von Bundeswehrstandorten in und um Lüneburg erzeugt unmittelbar messbare ökonomische Effekte entlang mehrerer Kanäle: Beschäftigung vor Ort, laufende Ausgaben des Dienstbetriebs, Auftragsvolumen für lokale Unternehmen und ein stabilisierender Effekt auf die regionale Nachfrage.
Ein zentraler direkter Effekt ist die Beschäftigung. Dazu zählen die eingesetzten Soldatinnen und Soldaten (sofern sie ihren privaten Konsum regional tätigen), die zivilen Beschäftigten in den Standorten (Verwaltung, Technik, Versorgung) sowie unmittelbar am Standort beschäftigte Subunternehmer. Diese Beschäftigten generieren Einkommen, das überwiegend lokal ausgegeben wird (Wohnen, Lebensmitteleinkauf, Dienstleistungen) und damit unmittelbar zur Binnennachfrage beiträgt. Bei Bau- oder Instandsetzungsprojekten entstehen zusätzliche zeitlich begrenzte Arbeitsplätze im Baugewerbe und bei Gewerken wie Elektro, Heizung und Sanitär.
Direkte fiskalische Effekte sind weniger offensichtlich, weil militärische Liegenschaften selbst oft von kommunalen Steuern befreit sind. Trotzdem fließen unmittelbar zusätzliche öffentliche Einnahmen durch:
- Einkommensteueranteile der zivilen Mitarbeitenden und lokal ansässiger Lieferbetriebe,
- Gewerbesteuereinnahmen der Unternehmen, die Bundeswehr-Aufträge ausführen,
- kommunale Gebühren und Abgaben (z. B. für Baugenehmigungen, Anschlussgebühren) im Zusammenhang mit Bau- und Infrastrukturmaßnahmen,
- zeitlich befristete Fördermittel oder Ausgleichszahlungen des Bundes für Infrastrukturmaßnahmen in Zusammenhang mit Standorten. In Summe erhöhen die mit der Standortwirtschaft verbundenen Aktivitäten die Steuerkraft der Kommunen, auch wenn die Bundeswehr als Institution selbst keine Gewerbesteuer zahlt.
Das Auftragspotenzial für lokale Unternehmen ist ein weiterer direkter Kanal. Regelmäßige Bedarfe umfassen Bau- und Instandsetzungsleistungen, Verpflegung und Catering, Wäschereidienste, Reinigung, Sicherheits- und Transportdienste, Fahrzeug- und Gerätewartung, IT- und Telekommunikationsleistungen sowie Beschaffungen für Übungs- und Betriebsmaterial. Kleinere und mittelständische Betriebe profitieren besonders bei Wartungs- und Lieferaufträgen; größere Vergaben für Neubauten oder Großtechnik gehen häufig an überregionale Anbieter. Investitionsphasen (Kasernenerweiterungen, Sanierungen) führen zu deutlichen, kurzfristig hohen Auftragsspitzen.
Schließlich wirkt die Bundeswehrpräsenz als Stabilitätsfaktor für die lokale Nachfrage. Dauerhaft stationierte Einheiten und ihre Angehörigen sorgen für gleichmäßigen Bedarf an Wohnraum, Einzelhandel, Gastronomie, Kitas und Schulen, wodurch konjunkturelle Schwankungen aufgefangen werden können. Übungs- und Einsatzphasen erzeugen dagegen wiederkehrende Nachfragespitzen (z. B. für Verpflegung, Kraftstoff, kurzfristige Unterbringung), die saisonale Umsatzerhöhungen bewirken. Diese Stabilität ist für viele kleinere Dienstleister und Handelsbetriebe in der Region wirtschaftlich bedeutsam.
Zur quantitativen Erfassung dieser direkten Effekte eignen sich Kennzahlen wie Anzahl der stationierten Soldaten und zivilen Beschäftigten, Brutto-Lohnsumme am Standort, jährliches Beschaffungs- und Investitionsvolumen der Dienststelle sowie Anteil lokal vergebener Aufträge. Diese Parameter bilden die Grundlage, um den unmittelbaren Beitrag der Bundeswehr zur regionalen Wirtschaftsleistung in Lüneburg zu beziffern.
Indirekte wirtschaftliche Effekte und Multiplikatoren

Die Präsenz der Bundeswehr wirkt weit über die unmittelbar beschäftigten Soldaten und zivilen Mitarbeiter hinaus, weil sie Nachfrage in vielen lokalen Märkten auslöst und über Einkommens- und Auftragsmultiplikatoren zusätzliche Wirtschaftstätigkeit generiert. Entscheidend für die Größe dieser indirekten Effekte sind zwei Mechanismen: zum einen die direkte lokale Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen (Verbrauch der Angehörigen, Ausgaben der Dienststellen), zum anderen die entstehenden Zuliefer- und Dienstleistungsbeziehungen zu regionalen Unternehmen, die wiederum ihre Einkünfte lokal ausgeben.
Für Einzelhandel, Gastronomie und Beherbergung bedeutet dies regelmäßig eine spürbare Umsatzsteigerung. Soldaten, zivile Mitarbeiter, Besucher, Angehörige und Lieferanten erzeugen Nachfrage nach Lebensmitteln, Freizeitangeboten, Restaurants, Handwerkern und Hotels oder Pensionen — bei wiederkehrenden Übungen oder längeren Verlegungen entstehen stabile Umsätze. Die Effekte sind besonders deutlich in Ortszentren und in unmittelbarer Nähe zu Kasernen und Übungsplätzen; sie fallen schwächer aus, wenn Verpflegung oder Unterkunft zentral durch überregionale Kontrakte bezogen werden.
Auf dem Immobilienmarkt führt die Bundeswehrpräsenz oft zu erhöhter Nachfrage nach Wohnungen, insbesondere nach familiengerechtem Wohnraum und Mietwohnungen mittlerer Größe. Dies kann Miet- und Kaufpreise anheben, die Neubautätigkeit stimulieren und investitionsbereite Wohnungsbauprojekte anziehen. Die Effekte sind räumlich konzentriert und hängen von der Dauerhaftigkeit des Standorts ab: Bei kurzfristigen Verlegungen bleibt die Wirkung begrenzt, bei dauerhaften Garnisonen kann sie zu strukturellen Marktveränderungen führen.
Der Dienstleistungssektor — von Gesundheits- und Bildungsangeboten bis zu Kinderbetreuung, psychologischer Betreuung und Kfz-Service — profitiert in mehrfacher Hinsicht. Zum einen entsteht zusätzliche Nachfrage nach regulären Leistungen (Hausarztbesuche, Kita-Plätze, Schulsportvereine). Zum anderen erhöht die Präsenz die Attraktivität für zusätzliche Anbieter (Physiotherapeuten, Sprachkurse, Bildungsangebote) und kann zur Spezialisierung von lokalen Betrieben auf militärnahe Dienstleistungen führen. Besonders relevant sind Dienste mit längerfristigem Kontaktpotenzial, etwa schulische Integration von Militärfamilien oder Reha-Angebote für verletzte Soldaten.
Wichtig ist die Entwicklung lokaler Zuliefernetzwerke: Je größer der Anteil von Beschaffungen und Dienstleistungsverträgen, der lokal vergeben wird, desto stärker multiplizieren sich die Effekte. Lokale Handwerksbetriebe, Bauunternehmen, Logistiker und Cateringfirmen, die regelmäßig Aufträge von der Bundeswehr erhalten, generieren Folgeaufträge und schaffen zusätzliche Beschäftigung. Zugleich können Großaufträge an überregionale Konzerne die lokalen Multiplikatoreffekte verringern (Leakage). Auch Qualifizierungs- und Technologieeffekte sind möglich: Aus-, Weiterbildungs- und Übungseinrichtungen schaffen Know-how, das in regionale Unternehmen übergehen kann (z. B. Sicherheits- oder Logistikkompetenzen).
Die Größe der Multiplikatoren variiert stark je nach regionaler Einbindung, Ausmaß lokaler Beschaffung und Struktur der Wirtschaft. Studien zu Verteidigungsausgaben zeigen in der Regel positive, aber heterogene Multiplikatoreffekte — oftmals im Bereich von leicht über eins bis etwa zwei, abhängig von Importanteilen und sektoraler Kopplung. Für Lüneburg sind daher zwei Handlungsfelder zentral, um indirekte Effekte zu stärken: Erhöhung des lokalen Beschaffungsanteils und Unterstützung lokaler Zulieferer, sowie Maßnahmen zur Minderung von Leakage (z. B. durch regionale Ausschreibungsstrategien und Netzwerksförderung). Gleichzeitig sollten mögliche negative Nebenwirkungen (z. B. Engpässe im Wohnungsmarkt oder saisonale Abhängigkeiten) beobachtet und durch flankierende Angebote ausgeglichen werden.
Soziale und räumliche Folgen
Die Präsenz militärischer Einheiten beeinflusst die soziale Struktur und die räumliche Ordnung einer Region auf mehreren Ebenen. Besonders deutlich zeigen sich demografische Verschiebungen: Stationierte Soldaten sind überwiegend im erwerbsfähigen Alter, häufig mit Familien. Das führt zu einer Verjüngung des Altersdurchschnitts in betroffenen Ortsteilen, erhöhtem Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder sowie zu einem verstärkten Nachfragevolumen im Wohnungsmarkt für familiengerechte Wohnungen. Kurzzeit- oder rotationsbedingte Aufenthalte schaffen zusätzlich eine höhere Fluktuation in den Einwohnerzahlen, was Planung und Prognosen für Schulen, Ärzteversorgung und kommunale Dienstleistungen erschwert.
Die Integration von Soldaten und ihren Familien in das lokale Gemeinwesen ist ein zentraler Faktor für sozialen Zusammenhalt. Viele Familien engagieren sich in Sportvereinen, Musikgruppen oder Ehrenämtern; dies fördert Vernetzung und reduziert Integrationsbarrieren. Gleichwohl gibt es strukturelle Herausforderungen: Transientität kann die Bildung langfristiger sozialer Bindungen hemmen, Kinder wechseln häufiger Schulen, und psychologische/soziale Unterstützungsbedarfe (z. B. bei Belastungen durch Auslandseinsätze) erfordern spezifische Beratungsangebote. Schulen, Kitas und Vereine profitieren oft von aktiver Einbindung durch gezielte Willkommens- und Informationsangebote sowie durch Kooperationen mit Bundeswehrsozialdiensten.
Räumlich führt die militärische Nutzung zu spezifischen Planungsfragen. Übungsplätze und Sicherheitszonen schränken Nutzungsoptionen ein und erzeugen direkte Nutzungskonflikte mit Landwirtschaft, Naturschutz und Wohnbebauung (Lärm, Schieß- oder Manövertrassen, Zugangsbeschränkungen). Gleichzeitig entstehen durch militärische Flächen Pufferzonen, die bei langfristiger Freigabe Chancen für Wohn- oder Gewerbeentwicklung bergen. Gute Raumplanung erfordert klare Festlegungen zu Lärm- und Sicherheitszonen, frühzeitige Beteiligung betroffener Akteure und abgestimmte Flächennutzungsstrategien, um Konflikte zu minimieren und Umnutzungsmöglichkeiten vorzubereiten.
Die Wahrnehmung der Bundeswehr in der Bevölkerung ist ambivalent und prägt lokale Identität. Für viele Orte ist die Militärpräsenz Teil der kommunalen Tradition und stärkt wirtschaftliches Selbstbewusstsein; Repräsentationsveranstaltungen, Gedenktage oder Kooperationen stärken den lokalen Zusammenhalt. Andererseits können militärische Aktivitäten Ablehnung auslösen — etwa aufgrund von Umweltsorgen, Lärm oder der Angst vor zunehmender Militarisierung des öffentlichen Raums. Die lokale Politik muss daher kommunikativ vermitteln, Transparenz schaffen und Beteiligungsformate anbieten, um Vertrauen zu stärken und kontroverse Befindlichkeiten konstruktiv zu adressieren.
In der Summe sind die sozialen und räumlichen Folgen einer militärischen Präsenz ambivalent: Sie bieten Chancen für demografische Belebung, Vereinsleben und wirtschaftliche Nachfrage, erzeugen aber auch spezifische Planungs- und Integrationsaufgaben. Langfristig profitieren Kommunen, die proaktiv Integrationsmaßnahmen fördern, räumliche Konflikte durch vorausschauende Flächenplanung minimieren und transparente Kommunikationsstrategien verfolgen, sowohl sozial als auch räumlich von einer stabilen und akzeptierten Bundeswehrpräsenz.
Risiken und Folgen von Standortveränderungen
Standortveränderungen der Bundeswehr — sei es durch Verlagerungen, Reduzierungen oder komplette Schließungen — haben eine Reihe von unmittelbaren und langfristigen Folgen für Lüneburg und seine Umgebung. Kurzfristig dominieren ökonomische Schocks: Arbeitsplatzverluste bei Soldaten, Zivilbeschäftigten und in der direkten Zulieferkette führen zu Einkommens- und Nachfragerückgängen, die sich schnell in sinkenden Umsätzen im Handel, der Gastronomie und der Beherbergung niederschlagen. Viele Dienstleistungsverträge (Reinigung, Verpflegung, Logistik, Bauleistungen) sind oft auf die Präsenz des Standorts ausgelegt; ihre Wegfälle verursachen Liquiditätsprobleme bei lokalen Unternehmen und können Kettenreaktionen bis hin zu Insolvenzen auslösen. Die Unsicherheit vor einer Entscheidung oder während Umstrukturierungsphasen führt zudem häufig zu Investitionszurückhaltung bei kommunalen und privaten Akteuren, was die lokale Wirtschaftsentwicklung weiter hemmt.
Auf kommunaler Ebene wirken sich Standortveränderungen unmittelbar auf die öffentlichen Einnahmen aus. Rückgänge bei der Gewerbesteuer, sinkende Gebühreneinnahmen und evtl. reduzierte Landes- bzw. Bundeszuweisungen schmälern den Handlungsspielraum von Städten und Gemeinden. In kleineren Gemeinden in der Umgebung, die stark von einem militärischen Standort abhängig sind, kann dies bedeuten, dass geplante Infrastruktur- oder Sozialprojekte verzögert oder gekürzt werden müssen. Gleichzeitig entstehen kurzfristige Verwaltungsaufwände (Rückabwicklung von Grundstücksübereignungen, Neuplanung von Flächennutzungen, Sozial- und Arbeitsmarktmaßnahmen), die kommunale Ressourcen beanspruchen.
Langfristig können strukturelle Risiken die Region nachhaltig schwächen. Freigewordene Kasernen und Militärflächen führen ohne aktive Nachnutzung häufig zu Leerstand, städtebaulichen Defiziten und sinkenden Immobilienpreisen in betroffenen Quartieren. Ein Rückgang an dauerhafter Nachfrage kann zu Schließungen von Schulen, Kindergärten oder medizinischen Einrichtungen führen, wodurch die Versorgungsstruktur und die Attraktivität für junge Familien leiden. Ein anhaltender Bevölkerungs- und Steuersturz begünstigt negativen demografischen Wandel und die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte — was die ökonomische Erholungsfähigkeit der Region weiter einschränkt.
Raum- und Nutzungsfragen bringen besondere Konflikte mit sich. Militärische Schutz- und Gefahrenzonen, Bomben- oder Munitionsbelastungen sowie Infrastrukturen mit eingeschränkter Umnutzungsfähigkeit können die schnelle Umwandlung erschweren. Umnutzungsprojekte werden oft durch langwierige Bodenanalysen, Kampfmittelräumung und Umweltprüfungen verzögert; die dafür notwendigen Kosten liegen nicht selten bei den Kommunen oder dem Land, falls keine klaren Übernahmeregelungen bestehen. Die resultierenden Verzögerungen erhöhen die Risiken von Vandalismus, sozialen Problemen an brachliegenden Flächen und weiterem Wertverlust.
Ein weiterer relevanter Aspekt sind umweltbezogene Risiken und Altlasten. Militärische Aktivitäten hinterlassen häufig spezifische Kontaminationen (Boden- und Grundwasserverschmutzung durch Treibstoffe, Schmierstoffe, Lösemittel, chemische Kampfstoffreste in seltenen Fällen) sowie Belastungen durch alte Munitions- und Übungsbereiche. Die Sanierung solcher Altlasten ist technisch anspruchsvoll und teuer; Unsicherheit über Kosten, Haftung und Zeitrahmen kann die Entwicklung neuer Nutzungen blockieren und die öffentliche Hand finanziell belasten. Hinzu kommen ökologische Folgen wie Störungen von Habitaten oder Lärmfolgen, deren Beseitigung oder Kompensation zusätzlichen Aufwand erfordert.
Soziale Folgen sind sowohl kurz- als auch langfristig spürbar: Wegfallender sozialer Zusammenhalt, reduzierte Vereinsaktivitäten und niedrigere Schülerzahlen können das Gemeinleben schwächen. Für von Entlassungen betroffene Beschäftigte entstehen oftmals Probleme beim beruflichen Übergang, insbesondere bei älteren Arbeitnehmern oder hochspezialisierten Fachkräften. Fehlende rasche Arbeitsmarktmaßnahmen und Qualifizierungsangebote erhöhen die Gefahr langanhaltender Arbeitslosigkeit und damit verbundener Folgekosten für Sozialleistungen.
Schließlich ist die Unsicherheit über mögliche Standortveränderungen selbst ein ökonomisches Risiko: Planungsunsicherheit kann Standortentscheidungen anderer Unternehmen beeinflussen, Fachkräfte abschrecken und die Positionierung Lüneburgs in regionalen Entwicklungsstrategien schwächen. Um diese Risiken zu minimieren, sind frühzeitige Informationspolitik und koordinierte Planungsschritte nötig; ihre Ausgestaltung gehört allerdings in die Maßnahmen- und Politik-Ebene, die im nächsten Abschnitt behandelt wird.
Chancen durch Umnutzung und zivil-militärische Kooperationen
Die Bestehung oder Aufgabe von Bundeswehrstandorten eröffnet in Lüneburg und der Umgebung erhebliche Chancen für eine nachhaltige ökonomische Umstrukturierung, wenn Umnutzungsstrategien und zivil-militärische Kooperationen aktiv gestaltet werden. Konkrete Nachnutzungsvarianten reichen von Gewerbe- und Technologieparks über bezahlbaren Wohnraum und studentisches Wohnen bis zu Bildungs- und Forschungszentren, Kultur- und Sportstätten sowie Logistik- und Handwerksstandorten. Insbesondere die Nähe zu Leuphana Universität, regionalen KMU und guten Verkehrsverbindungen macht Standorte in und um Lüneburg attraktiv für Cluster in den Bereichen Green Tech, IT/Cybersecurity, Logistik und Aus- und Weiterbildung.
Dual-Use-Potenziale sind dabei ein wichtiger Hebel: Übungsplätze und technische Infrastruktur lassen sich für zivile Ausbildungszwecke (Katastrophenschutz, Feuerwehr- und Rettungstrainings, Verkehrssicherheitszentren) nutzen. Ehemalige Lagerhallen und Werkstätten bieten sich als Test- und Entwicklungsflächen für Energiewende-Technologien (Speicher, Microgrids), für Logistikinnovation (automatisierte Lager, urbane Verteilzentren) oder für Start-ups im Bereich Robotik und Drohneninspektion an. Kooperationen zwischen Bundeswehr, Universität und Wirtschaft können gemeinsame Forschungsprojekte und Weiterbildungseinrichtungen hervorbringen – z. B. zu Resilienz, Cybersicherheit oder Mobilitätswende – von denen sowohl zivile Unternehmen als auch Verteidigungsakteure profitieren.
Finanzierung und Förderrahmen lassen sich durch eine Kombination aus nationalen und europäischen Mitteln realisieren: EU-Strukturfonds (EFRE/ESF), Landes- und Bundeskonversionsmittel, Förderkredite und Zuschüsse über Förderbanken (z. B. KfW) sowie Förderprogramme für Energieeffizienz, Breitbandausbau und Infrastruktur können zusammengeführt werden. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) spielt eine zentrale Rolle bei der Flächenbereitstellung; Public-Private-Partnerships (PPP) können Investitionsbedarf und Risikoaufteilung erleichtern. Für kleinere, schrittweise Projekte eignen sich Pilotförderungen und regionale Wirtschaftsförderprogramme.
Erfolgsfaktoren für nachhaltige Umwandlungen sind frühzeitige und koordinierte Planung, transparente Kommunikation mit der Bevölkerung, integriertes Flächenmanagement und eine abgestimmte Förderstrategie. Praktisch bedeutet das: Einrichtung einer kommunalen Konversions‑Taskforce, Erstellung eines Masterplans mit Szenarien (kurz-, mittel-, langfristig), systematische Bestandsaufnahme der Infrastruktur und Umweltprüfung (Altlastenbewertung), sowie aktive Akquise potenzieller Nutzer und Investoren. Wichtig ist zudem die Schaffung multimodaler Verkehrs- und Kommunikationsanbindungen sowie die Berücksichtigung sozialer Bedürfnisse (z. B. familiengerechte Wohnungen, Kita-, Schulkapazitäten), um positive demografische Effekte zu sichern.
Für die Qualifizierung betroffener Beschäftigter sind gezielte Umschulungs- und Weiterbildungsangebote nötig, idealerweise in Kooperation mit regionalen Bildungsträgern und der Universität. Ebenso wirkungsvoll sind Netzwerkinitiativen, die Verwaltung, Wirtschaft, Forschung und Bundeswehr zusammenbringen, etwa Innovationsforen, gemeinsame Lehrprogramme oder Kooperationslabore.
Kurzfristige Pilotprojekte — etwa Umwidmung einzelner Hallen als Co-Working-Spaces, Pop-up-Logistikflächen oder Übungszentrum für den zivilen Katastrophenschutz — schaffen Sichtbarkeit und Erfahrungen, die größere Umwandlungen erleichtern. Langfristig bieten integrierte, gemischt genutzte Konzepte die besten Chancen, wirtschaftliche Diversifizierung, soziale Akzeptanz und städtebauliche Aufwertung zu verbinden.
Handlungsempfehlungen für Kommunalpolitik und Wirtschaftsakteure

Kurz-, mittel- und langfristig koordinierte Maßnahmen sind notwendig, um die ökonomischen Effekte der Bundeswehrpräsenz zu stabilisieren und Risiken bei Standortveränderungen abzufedern. Zentrale Handlungsschritte für Kommunalpolitik und Wirtschaftsakteure sollten sein: Aufbau eines lokalen Steuerungsgremiums (Verwaltung, Wirtschaftsförderung, Arbeitsagentur, Bildungsakteure, Vertreter der Bundeswehr und zivilgesellschaftliche Gruppen) zur laufenden Abstimmung, Priorisierung von Handlungsfeldern und Koordination von Förderanträgen; Durchführung einer Bestandsaufnahme zu Flächen, Beschäftigtenzahlen, regionalen Lieferketten und Qualifikationsprofilen; sowie die Erarbeitung eines mehrjährigen Maßnahmenplans mit klaren Verantwortlichkeiten, Zeitfenstern und messbaren Indikatoren (z. B. Beschäftigungszahlen, neu aktivierte Gewerbeflächen, Zahl der durch Umschulung vermittelten Personen).
Zur wirtschaftlichen Diversifizierung sind gezielte Ansiedlungs- und Fördermaßnahmen sinnvoll: Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen für Nicht-Militär-Unternehmen durch beschleunigte Genehmigungsverfahren, flexible Bebauungspläne und temporäre Zwischennutzungen; aktive Vermarktung konversionsfähiger Liegenschaften als Gewerbe- oder Forschungsstandorte; gezielte Clusterförderung—etwa in Logistik, Sicherheits- und Zuliefertechnik, Energie- und Mobilitätslösungen—und Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) bei Digitalisierung und Markterschließung. Die Wirtschaftsförderung sollte zudem Mittel zur Existenzgründungsförderung und für Co-Working-Angebote vorhalten, um Gründungen aus konversionsbedingten Entlassungen zu erleichtern.
Flächen- und Flächenmanagement müssen proaktiv gestaltet werden: Frühzeitige Kartierung aller militärisch genutzten Flächen und klare Planungsoptionen für Nachnutzungen, inklusive Umweltprüfungen und Altlastenchecks; Nutzung flexibler Zwischen- und Modellprojekte (z. B. Pop-up-Gewerbe, temporäre Wohnprojekte, urban gardening) zur Belebung von Arealen; Vorhalten eines rechtlich und planerisch abgesicherten „One-Stop-Shops“ in der Verwaltung für Interessenten und Investoren. Öffentliche-private Partnerschaften (ÖPP) können bei größeren Konversionsprojekten Risiken teilen und Expertise einbringen.
Qualifizierungs- und Umschulungsangebote sind zentral, um Beschäftigungsrisiken zu mindern: Einrichtung eines regionalen Kompetenz- und Weiterbildungszentrums in Kooperation mit Berufsbildenden Schulen, Hochschulen, der Agentur für Arbeit und der Bundeswehr; modular aufgebaute Qualifizierungsprogramme, die militärische Fähigkeiten (Logistik, Technik, Führung) in zivile Zertifikate überführen; Förderprogramme für Arbeitgeber, die Entlassene einstellen; gezielte Unterstützung für langzeitarbeitsfähige Gruppen (z. B. Eltern, Ältere). Monitoring der Vermittlungsquoten und Anpassung der Curricula an Marktbedarfe sichern Wirksamkeit.
Förderung zivil-militärischer Kooperationen und Dual-Use-Potenziale schafft Mehrwert: Gemeinsame Forschungsvorhaben zwischen regionalen Hochschulen/Forschungseinrichtungen und Bundeswehrstandorten, Nutzung von Infrastruktur für zivile Ausbildung (z. B. technische Ausbildungsstätten), sowie Kooperationen im Katastrophen- und Bevölkerungsschutz, die lokal greifbare Leistungen erbringen. Die Kommune sollte aktiv Kooperationsangebote entwickeln, Vergabeverfahren so gestalten, dass lokale Zulieferer Chancen haben, und Innovationsnetzwerke fördern.
Finanzielle Maßnahmen und Förderstrategien: Bündelung von Fördermitteln aus kommunaler, Landes-, Bundes- und EU-Ebene zur Finanzierung von Infrastruktur, Flächenrecycling und Qualifizierung; gezielte Antragsoffensiven für Strukturwandel- und Konversionsprogramme; Schaffung lokaler Anreizmechanismen (z. B. zeitlich befristete Gewerbestandortzuschüsse, Mietpreisvergünstigungen für Start-ups). Transparente Kosten-Nutzen-Analysen und eine priorisierte Förderliste helfen, begrenzte Mittel effizient einzusetzen.
Kommunikation und gesellschaftliche Akzeptanz sind unverzichtbar: Frühe, kontinuierliche Informationsangebote (Bürgerforen, Online-Dashboard mit Fortschrittskennzahlen, regelmäßige Pressearbeit), Einbindung lokaler Vereine und Schulen in Nachnutzungsprojekte sowie gezielte Maßnahmen zur sozialen Integration der Soldatenfamilien. Positive Narrative (z. B. erfolgreiche Konversionen, neue Arbeitsplätze) und die Benennung lokaler „Champions“ erhöhen Vertrauen und Engagement.
Monitoring, Evaluation und Anpassungsfähigkeit: Einrichtung eines regelmäßigen Berichts- und Evaluationszyklus (jährlich), mit Indikatoren zu Beschäftigung, Flächennutzung, Investitionen und sozialen Effekten; Nutzung der Erkenntnisse zur Anpassung von Förder- und Entwicklungsstrategien; Aufbau von Szenarienplanung für mögliche Standortänderungen, um schnelle Gegenmaßnahmen zu ermöglichen. Kombination aus pragmatischen Sofortmaßnahmen und strategischem, langfristigem Planen erhöht die Resilienz der regionalen Wirtschaft.
Datenbasis, Methodik und weiterführende Analysen
Für eine belastbare Analyse der wirtschaftlichen Effekte der Bundeswehr in Lüneburg und Umgebung empfiehlt sich eine Kombination aus quantitativen Statistikdaten, qualitativen Erhebungen und räumlicher Auswertung. Wichtige Indikatoren sind dabei: Beschäftigtenzahlen (Soldaten, zivile Bundeswehrbeschäftigte, externe Zulieferer), Lohn- und Gehaltsvolumen, Auftrags- und Beschaffungsvolumen, kommunale Einnahmen (Gewerbesteuer, Gebühren), Betriebsgründungen/-schließungen, Immobilienpreis- und Mietentwicklungen, Auslastung von Beherbergung/Gastronomie, Kita- und Schulplatznachfrage, Verkehrszählungen sowie Umwelt- und Altlasteninformationen.
Als zentrale Datenquellen sollten herangezogen werden: Destatis (bundesweite Arbeits- und Wirtschaftsstatistik), Landesamt für Statistik Niedersachsen, Kreis- und Stadtverwaltung Lüneburg (Haushalt, Flächennutzungspläne, Gewerbesteuerstatistik), Bundesagentur für Arbeit (Arbeitsmarktstatistiken), IHK Lüneburg-Wolfsburg und Handwerkskammer (Branchenstruktur, Betriebszahlen), Bundesministerium der Verteidigung / Bundeswehr (Standortlisten, Personalstärken, Haushalts- und Vergabedaten soweit verfügbar), BAAINBw (Beschaffungsdaten zu Ausrüstungsaufträgen), Unternehmensregister und Firmenverzeichnisse, Immobilienportale und lokale Maklerdaten (Mietspiegel, Transaktionspreise), Geoportale und Corine/ATKIS-Daten für Flächennutzung, Kampfmittel- und Altlastenregister sowie Berichte von Landesämtern für Bergbau/Energie/Geologie für Umweltfragen. Ergänzend sind kommunale Standortanalysen, Projektberatungen (z. B. Wirtschaftsförderung), sowie Fördermittel-Datenbanken (EU-FSF/EFRE, ESF, KfW-Programme, Bundes-Förderprogramme für Strukturwandel/Kommunalinvestitionen) zu nutzen.
Methodisch empfiehlt sich ein mehrstufiges Vorgehen: Quantitative Input-Output- oder Regional-Multiplikator-Analysen zur Abschätzung direkter und indirekter Beschäftigungs- und Umsatzwirkungen; Input-Output kann durch regionale Kaufkraft- bzw. Herkunftsquoten (Local Share) angepasst werden. Für räumliche Effekte sind GIS-Analysen (z. B. Einflussradien, Pendlerströme, Flächennutzungskonflikte) sinnvoll. Für Kausalitätsfragen und Szenarien eignen sich quasi-experimentelle Ansätze wie Difference-in-Differences oder Synthetic-Control-Methoden (z. B. Vergleich mit ähnlichen Kommunen ohne Militärstandort bei Teilverlagerungen/Schließungen). Qualitative Verfahren (Leitfadeninterviews mit Gemeindevertretern, Unternehmensbefragungen, Fokusgruppen mit Anwohnern und Soldatenfamilien) liefern Einsichten zu Wahrnehmung, Integrationsprozessen und Konversionsoptionen. Fallstudien erfolgreicher Nachnutzungen anderer Standorte und Kosten-Nutzen-Analysen möglicher Umnutzungsszenarien runden die Untersuchung ab.
Zu beachten sind methodische Einschränkungen: Bundeswehrdaten sind teilweise vertraulich oder aggregiert veröffentlicht, wodurch Detailanalysen erschwert werden; räumliche Abgrenzung (Kommunalgrenzen vs. Pendler- und Einzugsgebiete) beeinflusst Ergebnisse erheblich; Multiplizierende Effekte sind sensitiv gegenüber Annahmen zur Lokalbindung von Ausgaben (Local-Share) und führen leicht zu Überschätzungen; zeitliche Verzögerungen (z. B. Investitionszyklen, Schließungsfolgen) verlangen longitudinale Betrachtung. Datensicherheits- und Datenschutzanforderungen bei personenbezogenen Beschäftigtendaten sind einzuhalten.
Praktische Vorgehensschritte für weitere Analysen: systematische Datenerhebung bei Kommune, Kreis, IHK, Bundesagentur und Bundeswehr (ggf. formelle Informationsanfragen nach IFG), Erstellung eines regionalen Input-Output-Tables oder Zuschneidung eines bestehenden regionalen Modells, ergänzende Unternehmens- und Haushaltsbefragungen zur Erfassung von Ausgabenmustern, GIS-gestützte Kartierung von Flächennutzung, Lärm- und Schutzbereichen sowie Umweltkontaminationsrisiken, und Durchführung von Szenario-Workshops mit lokalen Stakeholdern zur Bewertung von Konversionsoptionen.
Offen gebliebene Forschungsfragen, die vertieft untersucht werden sollten, sind u. a.: Wie hoch ist der tatsächliche lokale Bindungsgrad militärischer Ausgaben in Lüneburg? Welche langfristigen Effekte haben Teilverlagerungen auf Gewerbesteuereinnahmen und Immobilienmärkte? Welche Kosten für Umweltsanierung entstehen konkret bei Gebietsfreisetzungen, und welche Förderinstrumente sind am wirksamsten zur Unterstützung von Konversionen? Eine Kombination aus quantitativen Modellrechnungen und praxisnahen Fallstudien bietet die beste Grundlage für belastbare Handlungsempfehlungen.
Fazit
Die Präsenz der Bundeswehr in Lüneburg und Umgebung wirkt über mehrere Kanäle wirtschaftlich: Sie schafft direkte Beschäftigung (Soldaten, zivile Beschäftigte, Dienstleister), generiert Nachfrage nach Bau-, Logistik- und Versorgungsleistungen und entfaltet über Multiplikatoreffekte weitere Impulse für Einzelhandel, Gastronomie, Wohnungsmarkt und Dienstleistungssektor. Gleichzeitig prägt sie soziale und räumliche Strukturen – von der Alters- und Familienstruktur bis zu Nutzungskonflikten auf Übungs- und Schutzflächen – und bringt spezifische infrastrukturelle Anforderungen mit sich.
Diese Wirkungen bergen sowohl Chancen als auch Risiken. Als stabiler Nachfragesockel kann die Bundeswehr regionalen Wohlstand stützen und Investitionen anstoßen; Standortveränderungen oder Schließungen dagegen führen kurzfristig zu Umsatz- und Beschäftigungsverlusten und langfristig zu Leerstand und geringeren Steuereinnahmen. Zugleich eröffnen Schließungen und Umstrukturierungen Chancen zur Nachnutzung: Gewerbe- und Wohnentwicklung, Bildungs- und Forschungsstandorte sowie duale Nutzungskonzepte (Forschung, Katastrophenschutz, Weiterbildung) können Wertschöpfung zurückgewinnen, sofern Flächen und Infrastruktur aktiv gesteuert werden.
Für eine resilientere Regionalwirtschaft sind vier Handlungsfelder vorrangig: erstens wirtschaftliche Diversifizierung und Stärkung lokaler Wertschöpfungsketten, damit die Region weniger abhängig von einem einzelnen Arbeitgeber wird; zweitens ein proaktives Flächen- und Standortmanagement (frühzeitige Szenarienplanung, Machbarkeitsstudien, Umnutzungskonzepte, Umweltprüfungen), um Leerstand zu vermeiden und Fördermittel zu mobilisieren; drittens Qualifizierungs- und Umschulungsangebote sowie die Förderung regionaler Zuliefernetzwerke, um Beschäftigte schnell zu re-/integrieren; viertens die institutionelle Koordination und Kommunikation (Koordinierungsstelle, runder Tisch mit Kommune, Wirtschaft, Bundeswehr und Zivilgesellschaft), um Akzeptanz zu sichern und Umnutzungsprozesse zu beschleunigen. Finanzielle Förderinstrumente auf Bundes- und EU-Ebene sollten gezielt zur Starthilfe für Transformationen genutzt werden.
Kurzfristig ist eine verstärkte Datengrundlage und Monitoring (Beschäftigungszahlen, Flächenbilanz, ökonomische Effekte) erforderlich, um Entscheidungen evidenzbasiert zu treffen. Mittelfristig zahlt sich eine kombinierte Strategie aus defensiver Absicherung (soziale Maßnahmen, Umweltsanierung) und offensiver Nutzung (Innovations- und Investitionsprojekte, Dual-Use-Initiativen) aus. Insgesamt hat Lüneburg die Möglichkeit, potenzielle Standortschocks in nachhaltige Entwicklungsimpulse zu verwandeln – vorausgesetzt, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft handeln koordiniert, vorausschauend und nutzerorientiert.